Fachtagung Computational Intelligence (CI‘2000)

Die Fachtagung "Computational Intelligence im industriellen Einsatz (CI‘2000)" fand am 11./12. Mai im Kongresshaus Baden-Baden statt. Unter der Leitung von Prof. Dr. Sigrid Hafner (Universität Paderborn), Prof. Dr. Harro Kiendl (Universität Dortmund), Prof. Dr. Rudolf Kruse (Universität Magdeburg) und Hans-Paul Schwefel (Universität Dortmund) wurden aktuelle Forschungsarbeiten zu den Themen Fuzzy Systeme, Neuronale Netze, Evolutionäre Algorithmen sowie – zunehmend wichtig im Bereich der Computational Intelligence – dem Data Mining vorgestellt. Ein Schwerpunkt lag auf der Präsentation dieser Methoden in industriellen Anwendungen, mit dem Ziel, die Diskussion zwischen Forschung und Anwendung und die Schaffung neuer innovativer Beziehungen zu fördern.

Erstmalig in diesem Jahr wurde die Tagung gemeinsam vom Fachbereich 1 der GI und der Gesellschaft für Mess- und Automatisierungstechnik des Vereins deutscher Ingenieure (VDI/VDE GMA) veranstaltet. Darin spiegelt sich sicher der interdisziplinäre Charakter und das weite Einsatzfeld der Computational Intelligence wider. Motivation für eine gemeinsame Fachtagung war die Bündelung der jeweiligen Aktivitäten der beiden Organisationen. So führt die CI'2000 die Tagungsreihe "Fuzzy-Neuro Systeme" fort, die vom GI-Fachausschuß 1.2.4 Fuzzy Systeme und Soft-Computing in den letzten Jahren sechsmal mit Erfolg organisiert wurde. Auch auf Seiten der GMA haben die Fachausschüsse 5.21 Neuronale Netze und Evolutionäre Algorithmen und 5.22 Fuzzy Control parallele Workshops und Fachtagungen abgehalten.

Die Tagung umfaßte 5 eingeladene Hauptvorträge und 53 Fachbeiträge. In diesem Jahr neu war die Art der Präsentation, die "PosterplusSession". Alle Fachbeiträge – mit Ausnahme der Hauptvorträge – wurden in Form von Postern präsentiert. Den Autoren wurde zusätzlich die Möglichkeit gegeben, vor der Postersession dem Auditorium die Essenz ihrer Arbeiten in wenigen Minuten zu vermitteln und so den Interessierten zum Besuch des Posters zu motivieren. Die Themen einer Session wurden aus verschiedenen Themengebieten zusammengestellt, so dass für jeden etwas Interessantes dabei war. Auf diese Weise konnte die Vielzahl der Beiträge sehr kompakt an zwei Tagen präsentiert werden, ohne parallele Sessions zu veranstalten. Die Präsentation am Poster erlaubte durch die Möglichkeit des Nachfragens und der Diskussion einen sehr viel direkteren Austausch mit dem Autor.

Die Hauptvorträge wurden so gewählt, daß zu jedem der Standbeine der Computational Intelligence – Neuronale Netze, Fuzzy Systeme, Evolutionäre Algorithmen und Data Mining – ein Überblick gegeben wurde. Der fünfte Hauptvortrag war ein interdisziplinärer Exkurs in die Psychologie zu der Frage, ob Neuronale Netze Gefühle haben können. In den Fachbeiträgen wurden viele Teilaspekte weiter vertieft. Die für eine Veranstaltung dieser Art recht hohe Zahl von rund 130 Teilnehmern zeigte das rege Interesse an der Zusammenstellung der Themen.

Eröffnet wurde die Tagung von Prof. Dr. Bernd Schürmann (Siemens AG, München) mit einem Überblick über "Anwendungen und Zukunftsperspektiven Neuronaler Netze", die auch in Zukunft eine entscheidende Rolle in der Systemmodellierung spielen werden. Insbesondere die Nachahmung biologischer Prozesse – wie etwa bei Netzen mit spikenden Neuronen – sei von zunehmender Wichtigkeit.

Nach der ersten Postersession trug Prof. Dr.-Ing. Georg H. Bretthauer (Forschungszentrum Karlsruhe) über "Fuzzy Control, von der Theorie zur Praxis" vor. Darin schilderte er aktuelle Anwendungen aus dem weiten Einsatzfeld der Fuzzy-Regelung.

In der Abendveranstaltung führte Herr Prof. Dr. Dietrich Dörner (Inst. für theoretische Psychologie, Universität Bamberg) die Teilnehmer auf einen ebenso interessanten wie unterhaltsamen Exkurs in die Psychologie – diese untersuche ja die "Regelungstechnik" des Menschen in seiner Umwelt und sei damit gar nicht so fachfremd. In seinen Untersuchungen hat er einen Agenten mit Neuronalen Netzen implementiert, in denen "Gefühle" simuliert und zur Handlungsmotivation verwendet wurden. Aus den positiven Ergebnissen leitete er ab, daß die Simulation von Gefühlen in Programmen förderlich für die Interaktion mit der Umwelt sein kann und damit – insbesondere für die Schnittstelle Mensch-Maschine – von Interesse ist.

Den Freitag eröffnete Prof. Dr. Gholamreza Nakhaeizadeh (DaimlerChrysler, Ulm) mit einem Vortrag unter dem Titel "From Data Mining to Distributed Data Mining", in dem er schilderte, wie das klassische Data Mining durch verteilte Ansätze einer wachsenden Vernetzung gerecht werden kann.

Prof. Thomas Bäck gab einen Überblick über den State of the Art im Bereich der evolutionären Algorithmen. In seiner Präsentation "Industrielle Anwendungen evolutionärer Algorithmen" lockerte er seine Darstellung theoretischer Aspekte mit Rechnervorführungen verschiedener Anwendungsbeispiele auf.

Unter den Teilnehmern fand die Konferenz allgemeine Zustimmung. Die gemeinsame Ausrichtung durch VDI/GMA und GI wurde begrüßt, insbesondere das Konzept der PosterplusSession und die breite, interdisziplinäre Auswahl der Hauptvorträge gelobt. Die professionelle Organisation unter der Federführung von Herrn Schatz und Frau Schillings sorgte für einen reibungslosen Ablauf der Tagung. Eine Fortsetzung der Veranstaltungsreihe ist in zwei Jahren geplant.

Der Proceedingsband der Tagung ist im VDI Verlag Düsseldorf als VDI-Bericht 1526 (ISBN 3-18-091526-9) erschienen.

Aljoscha Klose, FIN-IWS, Universität Magdeburg